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Kehrt um! (Mt 3,2) – Impuls zum 2. Adventssonntag

In seinem Impuls zum 2. Adventssonntag geht Cfr. Pfarrer Dr. Oliver Rothe, LL.M., Prior der Komturei St. Maximilian, Düsseldorf, auf die Botschaft des Täufers Johannes ein.

Der Zweck heiligt die Mittel gilt nicht immer

In den letzten Wochen und Monaten hörten wir immer wieder von Aktionen der „Letzten Generation“, einer Gruppierung, die durch ihre radikalen, oftmals zerstörerischen Maßnahmen auf den Klimawandel aufmerksam machen will. Gewalt gegen Sachen scheint dabei jedenfalls legitim zu sein. Auch wenn das Ziel, nämlich die Bewahrung der Schöpfung, zentral und wichtig auch aus christlicher Sicht ist, so fragwürdig sind die eingesetzten Mittel. Alles ist eben radikalisiert.

Die Wüste ist der Ort der Wahrheit und Ehrlichkeit

Radikal ist heute auch die Botschaft des Täufers Johannes: „Kehrt um!“ Johannes spricht allerdings von einer gänzlich anderen Radikalität. Er ist nicht nur der Wegbereiter zu Jesus Christus, sondern er ist auch der Schlüssel, der uns die Botschaft Jesu erschließt. Das beginnt schon mit dem Ort seines Auftretens: Wüste. Die Wüste ist ein Ort, der in der Heiligen Schrift immer eine große Rolle spielt. Mose verlässt Ägypten, um dann in der Wüste seine Begegnung mit Gott am brennenden Dornbusch zu machen. Der Exodus führt das Volk Israel 40 Jahre durch die Wüste, bevor die Israeliten in das gelobte Land einziehen können. Jesus Christus selbst ist 40 Tage und 40 Nächte in der Wüste, bevor er dann sein öffentliches Wirken beginnt. Paulus geht nach seiner Bekehrung vor den Toren von Damaskus erst einmal in die Wüste. Die Beispiele zeigen, dass die Wüste der Ort der Wahrheit und der Ehrlichkeit ist. Menschen werden in der Wüste auf das Eigentliche hingeführt. Der Mensch begegnet dort dem Grundlegenden, dem Zentrum seiner selbst. Eine Täuschung, insbesondere eine Selbsttäuschung, ist in der Wüste kaum möglich.

Lasst uns nicht ablenken lassen von den wesentlichen Dingen

In unserem Leben ist das mitunter anders, da wir uns selbst etwas vormachen. Mit allerlei Ablenkungen ist es möglich, eben nicht das Eigentliche im Leben zu entdecken, sondern geschickt zu kaschieren und zu vertuschen, was wir nicht sehen wollen. Der katholische Philosoph Blaise Pascal sagt dazu, dass die meisten von uns ihre meiste Zeit damit verbringen, Ablenkung zu suchen. Das scheint nach wie vor noch zutreffend zu sein. Häufig verdecken wir die wesentlichen Fragen unseres Lebens – nach dem Sinn des Lebens, nach dem Sterben, nach Gott … – mit allerlei Ablenkungen. Der Beruf ist wichtiger. Soziale Kontakte werden in den Terminkalender gequetscht. Freizeitaktivitäten wie Fernsehen, Internet oder die Verlockungen des Smartphones gehören platzgreifend zum Alltag dazu. Zeit für Wüstenerfahrungen bleibt selten. Damit bietet Johannes schon durch den Ort seines Auftretens ein Programm für die Adventszeit: Wie kann ich mich auf das Eigentliche meiner Selbst besinnen? Wie finde ich die Wüste, um diesem Eigentlichen auf die Spur zu kommen?

Der Perspektivenwechsel ist entscheidend

Wenn man dort angekommen ist und mit sich selbst auf Tuchfühlung gegangen ist, trifft der Ruf des Täufers in unser Herz: „Kehrt um!“ Dieser Aufruf geht auf das griechische Wort „metanoia“ zurück. Das bedeutet viel mehr als „Umkehr“. Vielmehr geht es darum, dass der Mensch aufgefordert wird, seinen Blick, seine Perspektive zu ändern. Man möge hinter das schauen, was den Blick auf das Eigentliche verstellt. Das fällt uns bisweilen schwer, wenn wir tagein tagaus uns selbst mit unserem „Ich“ in den Vordergrund schieben: Was habe ICH heute erreicht? Wieviel Wertschätzung habe ICH heute erfahren? Wie kann ICH im Beruf weiterkommen? Wie kann ICH im Mittelpunkt einer Gemeinschaft stehen? Diese ICH-Perspektive wird in der Umkehr, zu der Johannes aufruft, durchbrochen und ersetzt. Ersetzt wird sie durch die Perspektive Gottes. Wie anders ist meine Perspektive, wenn ich frage: Begegnet mir Gott in meinem Nächsten? Was hat Gott mit den Zufällen in meinem Leben zu tun? Wie hat Gott mich heute geführt? Wenn mir das mehr und mehr gelingt, trifft der Satz des Täufers schon jetzt auf mein Leben zu: „Das Himmelreich ist nahe.“

Oberflächlichkeit ist fehl am Platz

Dieser Schritt der Umkehr und des Perspektivwechsels ist nur radikal möglich. Das verdeutlicht Johannes: „Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt“ (Mt 3,10). Dieses Bild lässt uns aufmerken. Jeder, der schon einmal einen Baum gefällt hat, weiß, dass in der Regel ein kleiner Baumstumpf stehen bleibt, der noch ein bisschen über der Erde zu sehen ist. Die Axt, die Johannes beschreibt, geht ungewöhnlicherweise an die Wurzeln. Das bedeutet, dass die Umkehr, zu der Johannes aufruft, nichts Oberflächliches ist, sondern etwas Radikales. Jesus Christus will uns von Grund auf zu ihm hinführen. Oberflächlichkeit ist da fehl am Platz.

Die Taufe nimmt uns in die Liebe Gottes mit auf

Das rundet Johannes mit dem Bild der Taufe ab: „Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (Mt 3,11). Jesus ist weit mehr als ein moralisches Vorbild. Davon gibt es genug in dieser Welt. Jesus Christus ist auch hier radikal, indem er nicht nur ein paar ethische Vorgaben macht. Vielmehr will er uns vollständig in das Geheimnis des Göttlichen mit hineinnehmen. Er ist die zweite Person der Dreifaltigkeit, der uns in der Taufe durch die dritte Person, nämlich den Heiligen Geist, in die Liebe Gottes mit aufnimmt. In der Taufe haben wir Anteil in diesem Göttlichen. Der Heilige Geist, die Liebe, soll radikal unser ganzes Leben bestimmen.

Sollen wir radikal sein?

Radikal – ein Weg für uns? Als Christen sind wir aufgerufen, radikal zu sein. Radikal all das „mit der Axt zu fällen“, was uns von Jesus trennt. Radikal uns in die Wüste zu begeben, um Jesus begegnen zu können. Radikal den Heiligen Geist in uns wirken zu lassen, damit wir das göttliche Geheimnis, das Weihnachten in diese Welt kommt, in uns aufnehmen können.

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